Habeck wirbt für mehr Dialog

Foto aus der HAZ

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aus ‚Holsteiner Allgemeine‘ HAZ_2015.03.11

Nach einer Mahnwache am 4. Jahrestag des Reaktorunfalls in Fukushima am 11. März 2015 auf dem Alten Markt trafen sich Atomkraft-Gegner anschließend zu einer Diskussionsveranstaltung mit Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck im Elmshorner Rathaus. Etwa 80 Interessierte folgten der Einladung und nahmen im Kollegiumssaal an der Schulstraße Platz.

Als Thema des Abends hatten die Veranstalter der Anti-Atom-Initiative im Kreis Pinneberg, der Bürgerinitiativ Brokdorf-akut, des BUND Kreis Steinburg und des BUND Kreis Pinneberg „Atommüll – wohin damit?“ vorgegeben. Der Minister für Energiewende, Landwirtschaft und Umwelt sowie zugleich auch Vertreter Schleswig-Holsteins in der Endlagersuchkommission des Bundes holte bewusst aus, um die Anwesenden von seinem Vorgehen zu überzeugen: „Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft erledigt sich das Thema Atommüll auf Jahre hinaus ja nicht.“

Habeck verdeutlichte, dass Deutschland auch nach dem Atomausstieg lange Zeit weiter Atommüll produzieren werde. Er schilderte, dass es in der Endlagersuchkommission des Bundes, in der er als Vertreter Schleswig-Holsteins dabei ist, immer nur in kleinen Schritten voran geht, weil sehr viel diskutiert werden muss. Jeder Millimeter, den die Kommission an Raumgewinn inhaltlich mache, werde sofort von unzähligen Seiten kritisch beäugt. Immerhin gebe es aber langsam erste konkrete Schritte. Mitte 2016 sei danach ein Bericht an den Deutschen Bundestag geplant. Allerdings nicht darüber, wo es ein Endlager geben kann, sondern vielmehr über die Kriterien, die zum Suchprozess gehören sollen. Erst im Jahr 2031 soll wirklich ein Endlager im Land gefunden sein, bis 2050 sogar erst erschlossen. „Und das scheint mir auch noch ein sehr, sehr ambitioniertes Vorhaben“, so der Minister zu diesem langwierigen Prozess.

Zur Situation in Schleswig-Holstein wurde er konkret: Für die teils beschädigten Fässer im Keller des Atomkraftwerkes Brunsbüttel gebe es nun ein Bergungskonzept der Firma Vattenfall. Ab Sommer soll der Atommüll in einem aufwendigen Verfahren über komplizierte Greiftechniken gehoben und für die Endlagerung umgefüllt werden. Habeck schilderte aber auch, dass im Kernkraftwerk Brokdorf noch etwa 50 Brennelemente lagern, die im Reaktor-Druckbehälter nur „realtiv sicher“ seien und ebenfalls später besser gelagert werden müssten. Durch eine erfolgreiche Klage zum Standort Brunsbüttel liege dort dafür aber keine Genehmigung vor. Sein Fazit: Entweder komme der Zeitplan zum Rückbau der AKWs ins Stocken, das Zwischenlager bekommt eine neue Genehmigung oder aber es muss eine ganz andere Lösung her. Es käme auch in Betracht, dass Brokdorf als Zwischenlager fungiere. „Aber wollen wir das überhaupt?“, warf Habeck als Frage in den Raum. „Ich versuche aber, Gespräche in diese Richtung zu führen“, so der Umweltminister weiter. Brunsbüttel komme zurzeit überhaupt nicht in Frage. Schließlich müsse Deutschland noch insgesamt 21 Castoren aus der englischen Wiederaufbereitungsanlage laut Vertrag zurücknehmen, dazu kommen noch die Brennelemente aus Brokdorf, die auch in Summe noch einmal 10 bis 12 weitere Castoren ausmachten.

In Bezug auf mittel-radioaktiven Atommüll sprach sich Habeck zudem für die Nutzung des Schachtes Konrad bei Salzgitter aus. Das Lager habe die Genehmigung dafür. „Ich setze darauf, dass dies ab 2022 passiert“, so der Minister. Es werde auch dann noch bis zu 40 Jahre dauern, bis auch dort alles eingelagert ist. Er warb allerdings dafür, weiter in den Dialog einzutreten: „Das Beste, was wir leisten können, ist nach dem derzeitigen Wissen stets die beste Lösung zu finden.“ Dies bedeute zugleich auch Einschnitte in Herzen und in Seelen, das sei ihm bewusst. Der halbgare Zustand in der Atompolitik – wir haben die Technologie zwar eingeführt, wissen aber nun nicht wohin mit dem Müll – könne so nicht bleiben.

(Von Sascha Urbatzka, 11.03.15, 21:50 Uhr)